Veröffentlicht am: 24.06.2018
Von: JLusiardi
In Kategorie: Hardware
TinkerForge ist eine deutsche Firma aus Schloß Holte-Stukenbrock, die sich seit 2011 bemüht, die Arbeit mit eingebetteten Systemen zu vereinfachen. Ein Stecksystem erübrigt den Griff zum Lötkolben und detaillierte Kenntnisse in Elektronik werden überflüssig. In diesem Artikel möchte ich testen, in wie weit dies gelungen ist und meine persönliche Erfahrung beschreiben.
Einführung
TinkerForge setzt konsequent auf den Open Source Gedanken und veröffentlicht den Quellcode und weitere Informationen zu den einzelnen Produkten im Firmenaccount auf Github in aktuell 178 Repositories.
Um das Ziel der Vereinfachung zu erreichen, setzt TinkerForge auf ein Baukastensystem aus Bricks, Bricklets und Master Extensions.
Bricks und Master Extensions besitzen eine einheitliche Grundfläche von 4x4cm und werden über den Stack Connector zu Stapeln verbunden. Der wichtigste Brick ist dabei der Master Brick, dieser erfüllt mehrere Aufgaben. Zum einen ermöglicht er den Anschluss von bis zu 4 Bricklets, bietet die direkte Kommunikation via USB zu einem PC und dienst als Master der Kontrolle des Stapels (nur der Master Brick, um unteren Ende des Stapels dient als tatsächlicher Master, die anderen bieten dann nur den Anschluss von weiteren maximal 4 Bricklets). Weitere Bricks erlauben den direkten Anschluss von Gleichstrommotoren, Modellbauservos und Schrittmotoren oder dienen als 9-Achsen Lagesensor (IMU Brick). In der Dokumentation findet sich eine Liste der Bricks neben einer Liste der Master Extension.
Bei den Bricklets wird bewusst auf ein einheitliches Format verzichtet, da so ganz unterschiedliche Sensoren, Aktoren, Konverter zu anderen Bussystemen und verschiedenen Mensch-Maschine-Schnittstellen verbunden werden können. Eine vollumfängliche Liste der Bricklets findet man sich in der Bricklet-Dokumentation. Verbunden werden die Bricklets mit vorkonfektionierten Kabeln unterschiedlicher Längen von 6cm bis zu 2m.
Allen Modulen gemein ist ein Raster der Befestigungslöcher von 5mm, zur Befestigung bietet Tinkerforge Montageplatten für den schnellen Aufbau auf dem Schreibtisch an.
Tinkerforge bietet aktuell für 14 Sprachen (davon 3 als spezielle Ausprägungen für mobile Geräte) fertig APIs an. Diese basieren alle auf dem TCP/IP Protokoll, deshalb sollte eine Adaption für weitere Sprachen durchführbar sein (Swift fehlt zum Beispiel in der Liste der unterstützten Sprachen bisher).
Persönliche Erfahrung
Für den Einstieg entschied ich mich für folgende 3 Module:
- Master Brick 2.1 inklusive Befestigungskit
Master Brick 2.1
- WIFI Master Extension 2.0 inklusive Befestigungskit
WIFI Master Extension 2.0
- Voltage/Current Bricklet 2.0 inklusive Befestigungskit und 6cm Kabel
Voltage/Current Bricklet 2.0
Das Ziel ist die kombinierte Messung der von einer Solarzelle gelieferten Spannungs- und Stromwerte und der Transfer in ein Grafana.
Bestellt habe ich direkt bei TinkerForge, geliefert wurde ohne Aufschlag bereits am nächsten Tag.
Installation des Brick Daemon (brickd)
Der Brick Daemon abstrahiert als Systemdienst die Kommunikation zwischen den APIs und dem Master Brick über USB. Den Quellcode findet man im brickd-Repository und Pakete für Debian-artige Distributionen zum Download auf tinkerforge.com.
Allerdings ist die Standardkonfiguration des suboptimal, da auf allen IP Adressen des Rechners ohne Authentifizierung gelauscht wird. Hier sollte man sich doch eher auf localhost 127.0.0.1 beschränken. Dies kann nachträglich in der Datei /etc/brickd.conf mit der Option listen.address angepasst werden. Zusaetzlich habe ich einen Pull-Request erstellt, der das Default anpasst.
Nach der Einrichtung der WIFI Master Extension kann jedoch direkt deren IP Verbindung genutzt werden und der brickd wird obsolet.
Installation des Brick Viewer (brickv)
Der Brick Viewer ermöglicht den Zugriff auf auf lokal angeschlossene Bricks über USB und auch per IP auf entfernte Bricks. Auch hier ist der Quellcode im entsprechenden brickv-Repository zu finden, deb-Pakete finden sich als Downloads auf tinkerforge.com.
Setup-Reiter eines Master Brick ohne weitere Module
Der Brick Viewer zeigt bei einem einzelnen Master Brick natürlich noch nicht viele Informationen an:
Dialog zum Aktualisieren der Firmware
Allerdings ist schon jetzt eine Verbindung via USB möglich und es kann zum Beispiel ein Update der Firmware vorgenommen werden (Changelog).
Schließt man nun den Voltage/Current Bricklet 2.0 an einen beliebigen Port des Master Bricks an, so wird dieser automatisch erkannt.
Setup-Reiter eines Master Brick mit angeschlossenem Voltage/Current Bricklet 2.0
Hat man nun der Beschriftung des Bricklets entsprechend die Stromquelle und den Verbraucher angeschlossen, so kann man auf dem entsprechendem Reiter sofort mit der Messung beginnen.
Einfache Graphen im Brick Viewer
Über die Funktion "Data Logger" im Setup-Reiter kann bereits jetzt mit einer dauerhaften Aufzeichnung von Daten in eine CSV-Datei begonnen werden. Allerdings ist eine USB Verbindung für eine Messung am Fenster (mit der Solarzelle) nicht praktikabel.
Eine Möglichkeit wäre eine der vielen Bastelplatinen mit USB und WLAN zu verwenden oder man greift zur WIFI Master Extension 2.0. Diese ersetzt die USB-Verbindung und den lokalen Brick Daemon durch ein WLAN Modul.
Aufbau des Stapels
Die Bricks und Master Extensions werden über die mitbestellten Befestigungskits verschraubt, nachdem die Module korrekt ausgerichtet worden (man beachte die weiß markierten Ecken!).
Stapel aus Master Brick und WIFI Master Extension 2.0
Auch die WIFI Master Extension wird direkt im Brick Viewer erkannt:
Konfiguration der WIFI Master Extension 2.0 im Brick Viewer
Nach der Konfiguration als WLAN-Client (General und Mode) muss noch das richtige WLAN ausgewählt werden. Anschließend kann über "Show Status" geprüft werden, ob die WLAN Einrichtung erfolgreich war und welche IP der Stapel bekommen hat. Die kann man dann zur Kommunikation zwischen Brick Viewer und dem Stapel verwenden.
Nutzung der Python API
Das Modul installiert man einfach mit pip:
pip install --user tinkerforge
Folgendes Skript öffnet zunächst eine IPConnection zu dem aufgebauten Stapel über die WIFI Master Extension. Anschließend wird auf das angeschlossene Bricklet zugegriffen und sekündlich die Werte für Spannung, Stromstärke und Leistung ausgegeben.
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Weitere Dokumentation zur API findet sich auf der Webseite von Tinkerforge.
Fazit
Mit den Bricks und Bricklets von TinkerForge erhält man ein einfach zu verwendendes Modulsystem. Die Verarbeitung der Module wirkt qualitativ hochwertig. Dies und die einfache Handhabung durch die unterstützende Software rechtfertig in meinen Augen den leicht höheren Preis. Auch die Auswahl der bereits jetzt existierenden Module lädt zu weiteren Experimenten ein.